Die Zukunft ukrainischer Geflüchteter ist ungewiss, insbesondere angesichts des ablaufenden vorübergehenden Schutzstatus im Jahr 2025. Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) mahnt in einer Studie vom 11. Januar 2024 zur Entwicklung nachhaltiger Lösungen, um Millionen von Menschen ohne Aufenthaltsrecht zu verhindern, falls eine Rückkehr in die Ukraine aufgrund des anhaltenden Krieges nicht möglich ist (Sachverständigenrat für Integration und Migration, 11.01.2024).

Europäische Länder, darunter auch Deutschland, stehen vor einem Dilemma. Einerseits wurden erhebliche Mittel in die Integration investiert, und viele Ukrainerinnen und Ukrainer haben sich gut eingelebt, arbeiten oder studieren. Ihr Verbleib wäre im Interesse der Aufnahmeländer. Andererseits möchte die Ukraine ihre Bevölkerung für den Wiederaufbau zurückgewinnen. Die Berliner Morgenpost berichtete am 3. Januar 2025 von einem rauer gewordenen Klima in Deutschland, obwohl viele Geflüchtete gerne bleiben würden (Berliner Morgenpost, 03.01.2025).

Vor allem gut ausgebildete Frauen mit Kindern sind geflüchtet. Sie haben Deutsch gelernt, ihre Kinder besuchen Schulen und Kitas, und viele arbeiten. Die Bereitschaft zur Rückkehr hat sich mit der Kriegsdauer verändert. Gerade gut Integrierte können sich einen Verbleib vorstellen. Dr. Jan Schneider, Forschungsleiter beim SVR, sieht Konfliktpotential, wenn gut integrierte Geflüchtete bleiben dürfen, andere aber ausreisen müssen (Sachverständigenrat für Integration und Migration, 11.01.2024).

Der Wiederaufbau der Ukraine benötigt Arbeitskräfte. Dr. Schneider schlägt transnationale Lösungen wie zirkuläre Migration oder Telearbeit vor (Sachverständigenrat für Integration und Migration, 11.01.2024). Die EU-Freizügigkeit erlaubt Ukrainern bereits den Wechsel des Aufenthaltsorts. Diese Mobilität sollte, besonders im Hinblick auf einen möglichen EU-Beitritt, erhalten bleiben. Rückkehrförderungsmaßnahmen sollten mit Wiederaufbauhilfe, etwa durch Kredite oder Austauschprogramme, verknüpft werden (Sachverständigenrat für Integration und Migration, 11.01.2024).

Eine pragmatische Zwischenlösung wäre eine erneute Verlängerung des Schutzstatus, um Zeit für eine langfristige Strategie zu schaffen und ein Zeichen der Solidarität zu senden. Angesichts der bevorstehenden Europawahl ist eine rechtzeitige Einigung der EU auf eine gemeinsame Strategie jedoch fraglich.

Die Bundesregierung sollte alle aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten prüfen. Erfüllen Geflüchtete die Voraussetzungen, sollten die Ausländerbehörden bereits jetzt zu einem Antrag auf einen Aufenthaltstitel mit Zukunftsperspektive raten. Bestehende rechtliche Unklarheiten, etwa für Studierende, die keine Aufenthaltserlaubnis zum Studium beantragen können, müssen beseitigt werden. Sollten Geflüchtete bis 2025 keinen regulären Aufenthaltstitel erhalten, müssen alternative Schutzoptionen geprüft werden, um eine Überlastung der Asylsysteme zu verhindern (Sachverständigenrat für Integration und Migration, 11.01.2024).

Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) untersuchte die Situation ukrainischer Geflüchteter in Deutschland und stellte fest, dass viele unter den psychischen Folgen von Krieg und Flucht leiden (Deutsches Jugendinstitut, 2025). Die Studie betont die Wichtigkeit von Alltagsnormalisierung, Integration in Bildungseinrichtungen, Spracherwerb und psychosozialer Unterstützung. Kommunen und Einrichtungen leisten wertvolle Arbeit, stehen aber vor Herausforderungen wie Ressourcenknappheit und Sprachbarrieren.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) prognostiziert eine Erwerbsquote ukrainischer Geflüchteter von 45 Prozent nach fünf und 55 Prozent nach zehn Jahren (dpa, 24.05.2024). Sprachförderung ist dabei entscheidend. Das hohe Bildungsniveau der Geflüchteten wird positiv bewertet, während Familienkonstellation (oft alleinerziehende Mütter) und Gesundheitszustand die Arbeitsmarktintegration erschweren können.

Quellen:

  • Berliner Morgenpost, 03.01.2025: Ukraine: Warum Geflüchtete mit Sorge auf 2025 blicken
  • Sachverständigenrat für Integration und Migration, 11.01.2024: Strategie für Verbleib, Rückkehr und zirkuläre Mobilität von ukrainischen Flüchtlingen in der EU nötig
  • Deutsches Jugendinstitut, 2025: Ukrainische Geflüchtete in Deutschland. Erhebungen zur Zielgruppe und zu kommunalen Betreuungs- und Unterstützungsstrukturen
  • dpa, 24.05.2024: IAB: 55 Prozent der Ukraine-Flüchtlinge sind nach 10 Jahren in Arbeit
Veröffentlich am 
3/1/2025
 in Kategorie: 
Politik

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