Die Vier-Tage-Woche, international im Aufwind, stößt in Deutschland noch auf Vorbehalte. Eine neue Studie, über die der rbb am 20.11.2024 berichtete, liefert dazu aufschlussreiche Daten: 45 deutsche Unternehmen erprobten sechs Monate lang die Vier-Tage-Woche bei reduzierter Arbeitszeit. Über 90 Prozent der teilnehmenden Angestellten berichteten von gesteigertem Wohlbefinden.

Carsten Meier, einer der beteiligten Forscher, hob im rbb-Interview die positive Resonanz hervor: Die große Mehrheit wünsche die Beibehaltung des Modells. Eine Rückkehr zur Fünf-Tage-Woche wäre für die Befragten nur mit einer Gehaltserhöhung von rund 20 Prozent akzeptabel. Die Vier-Tage-Woche habe die Lebenszufriedenheit deutlich verbessert, vor allem durch ein besseres Verhältnis von Beruf und Privatleben mit mehr Zeit für Familie und Hobbys.

Entgegen der Befürchtung einer Arbeitsverdichtung und heimlicher Nacharbeit am fünften Tag stellten die Forscher eine deutliche Reduzierung der Überstunden fest. Laut Meier deuten Umsatz- und Gewinndaten sogar auf eine Produktivitätssteigerung hin. Die Unternehmen hätten intensiv an Prozessoptimierung und Digitalisierung gearbeitet, insbesondere an fokussierten Arbeitszeiten ohne E-Mail-Ablenkungen. Die Einbindung der Mitarbeiter in die Umgestaltung der Arbeitsabläufe spielte dabei eine Schlüsselrolle.

Die Studie regt zur Reflexion über die effektive Nutzung von Arbeitszeit in klassischen Formaten wie Meetings an. Meier sieht hier Optimierungspotenzial und betont die Bedeutung von Führung, Unternehmenskultur und Organisation für den Erfolg neuer Arbeitsmodelle.

Während in Großbritannien die meisten Unternehmen die Vier-Tage-Woche nach der Testphase beibehielten, ist Deutschland zurückhaltender. Trotzdem liegt die Zustimmung in der deutschen Studie mit 73 Prozent recht hoch, so Meier. Er führt die im Vergleich zu Großbritannien geringere Begeisterung auf einen „typischen Deutschlandfaktor“ zurück: Neuem werde hierzulande weniger schnell uneingeschränkt vertraut. Einige Unternehmen wollten das Modell intern weiter diskutieren, andere empfanden die Vier-Tage-Woche als unflexibel, besonders im produzierenden Gewerbe. Meier betont, dass es nicht um eine Universallösung, sondern um individuelle Lösungen für die jeweiligen Unternehmen gehe.

Eine im Artikel von Marcel Fratzscher auf ZEIT ONLINE vom 23.08.2024 erwähnte DIW-Berlin-Studie analysierte die Entwicklung der Lebenszufriedenheit in Deutschland zwischen 2004 und 2021. Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Anstieg der allgemeinen Lebenszufriedenheit und einen Rückgang der Zufriedenheitsunterschiede zwischen Bevölkerungsgruppen. Die Zufriedenheit mit Einkommen und Arbeit stieg sowohl im Osten als auch im Westen Deutschlands. Gleichzeitig verringerten sich die Unterschiede in der Zufriedenheit zwischen Männern und Frauen sowie zwischen verschiedenen Alters- und Einkommensgruppen.

Der BiB.Monitor Wohlbefinden 2023 des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung untersucht ebenfalls die Unterschiede in der Lebenszufriedenheit verschiedener Bevölkerungsgruppen. Hervorgehoben wird die geringe Zufriedenheit vieler Alleinerziehender und Menschen ohne akademische Ausbildung, während Zugewanderte der ersten Generation vergleichsweise zufrieden sind. Auch Faktoren wie Pendelzeiten und die Beziehung zu den Eltern beeinflussen die Lebenszufriedenheit.

Der Datenreport 2021 der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) zeigt, dass die Lebenszufriedenheit in Deutschland 2019 den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung erreichte. Die Studie analysiert die Zufriedenheit in verschiedenen Lebensbereichen und stellt fest, dass sich die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland in den meisten Bereichen verringert haben.

Quellen:

- rbb24: "Berlin: Test zur Vier-Tage-Woche: "Für die Menschen hat sich deren Lebenszufriedenheit signifikant verbessert"" (20.11.2024) - ZEIT ONLINE: "Zufrieden mit sich selbst, unzufrieden mit dem Land", Kolumne von Marcel Fratzscher (23.08.2024) - Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung: BiB.Monitor Wohlbefinden 2023 - Bundeszentrale für politische Bildung: Datenreport 2021, "Allgemeine Lebenszufriedenheit und Zufriedenheit mit Lebensbereichen"
Veröffentlich am 
November 20, 2024
 in Kategorie: 
Wirtschaft

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